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Iran mit dem Campervan: Faszinierende Kulturen und wunderschöne Begegnungen

25.07.2024

Entdecke den Iran mit dem Campervan: Eine unvergessliche Reise durch faszinierende Kulturen und atemberaubende Landschaften. Eine Reise mit @vergnuegtverfahren, die auf ihrer Weltreise das unglaubliche erlebt haben. Eine Geschichte von wunderschöner Natur und noch wunderschöneren Begegnungen.

Vergnuegtverfahren: Shannon und Markus

Shannon & Markus schreiben über ihre außergewöhnliche Reise mit einem Oldtimer von Deutschland bis nach Indien und zurück. Weitere abenteuerliche Geschichten entlang der alten Seidenstraße findest du auf ihrem Blog vergnuegtverfahren.de. Das nächste Projekt steht außerdem schon in den Startlöchern: der Ausbau eines alten VW T3 "Senf", den die beiden nach Kanada verschiffen wollen, um von dort bis nach Südamerika zu reisen. Genießt aber jetzt erstmal ihre tolle Geschichte von der Reise mit ihrem Camper "Berta" durch den Iran.

Iran mit dem Campervan

"Woha. Es gibt so viel, was ich sagen will und so viel wofür mir die Worte fehlen. Am 03.11.22 haben wir vom auswärtigen Amt die ‚sofortige Reiseaufforderung für deutsche Staatsbürger‘ bekommen. 4 Tage später haben wir uns dazu entschieden unsere Visa zu verlängern. Aber von Vorne. Es trifft mich härter als gedacht, als wir an diesem späten Nachmittag das erste Mal auf iranischen Straßen unterwegs sind. Der Grenzübergang verlief schleppend, aber unproblematisch und ich trage zum ersten Mal im Leben ein Kopftuch. Eine Mischung aus Erleichterung, Ehrfurcht, Angst, Neugierde und unbändiger Vorfreude. Wir parken am Abend auf einem der nahegelegenen Hügel, da die Fahrt nach Tabriz, unserer ersten Anlaufstelle in diesem fremden Land zu lange dauern würde. Der Wind schaukelt das Wohnmobil kräftig durch und die untergehende Sonne taucht die Umgebung um 17:45 Uhr in ein warmes Orange. Es ist ein wunderschöner Ausblick, den wir an unserem ersten Abend im Iran genießen dürfen.

Aufgeregt fahren wir am nächsten Morgen durch die prachtvolle Landschaft in Richtung Tabriz. Zwischen Bergen und grünen Tälern, kleinen Flüssen und der strahlenden Sonne reihen sich immer wieder kleinere Obst- und Gemüsestände. Als wir uns der Großstadt nähern, die bekannt für den weltgrößten überdachten Basar ist, kommen wir das erste Mal so richtig mit dem Fahrstil der Einheimischen in Kontakt. Blinker sind obsolet, Ampeln sind nur eine Empfehlung und das Handy in der Hand ist Standard und andere Autos streifen ist noch lange kein Unfall. Es ist das pure Chaos.

Wir sind heilfroh als wir im Musafeh Park ankommen, einer kleinen Grünanlage mit Toiletten und der Möglichkeit zur freien Übernachtung. Wir verbringen in diesem Park 3 Nächte, lernen immer wieder andere Reisende kennen und treffen alte Bekannte, die wir schon in Armenien kennen lernen durften. Es findet ein reger Austausch in diesen Tagen statt, bei dem die mitschwingende Unsicherheit als Tourist im Iran bei jedem ein wenig deutlich wird. In der Stadt selbst fühlt sich alles so unwirklich an. Wir sind im Iran. Mit dem Wohnmobil. Unglaublich.

Den ersten Tag nutzen wir für einen kleinen Stop im Touristenbüro, wo wir unsere ersten $100 für 31.000.000 Rial tauschen, besorgen uns Simkarten, sowie eine Autoversicherung für zwei Monate. Wir schlendern über den Basar, auf dem ich mir zwischen Ziegenköpfen, Eingeweiden, frischen Kräutern, handgewebten Teppichen, Spielzeug, Gewürzen und Schulsachen noch ein paar Kopftücher besorge. Ich finde am Straßenrand außerdem noch 2 lange Blusen. Neben dem Kopftuch muss die Frau im Iran ihre Ellbogen und Schultern verdecken, sowie lange Blusen oder Jacken tragen, die das Gesäß verdecken. Als ich vor einem kleinen Café stehen bleibe, spricht mich ein Einheimischer an und fragt mich woher wir kommen. Wir erzählen ein bisschen auf Englisch und irgendwann fragt er uns wie es in Armenien sei. Armenien gehört zu den wenigen Ländern, die Iraner mit ihrem Pass ohne Visum besuchen dürfen. Er erzählt uns, dass er davon träumt dort einmal hinzufahren, denn er würde so gerne nochmal tanzen.

Westliche Musik und Tanz ist im Iran verboten. Mir bleibt der Kloß dieses Gespräches noch lange im Halse stecken. Uns begegnen einige Frauen ohne Kopftuch oder nur mit einem leichten Schal, welcher ganz hinten am Kopf mit ein paar Haarnadeln festgesteckt ist. Ich dachte immer ich wüsste was Mut bedeutet, bis ich hierher kam und ihn gesehen habe. Die geballte Gastfreundschaft fällt uns an unseren ersten Tagen im Iran schon auf. Wir werden ständig mit ‚Welcome to Iran‘ begrüßt, zu Tee und nach Hause eingeladen. Wir sind anfänglich unsicher und nehmen fast keine Einladung an, bis wir auf Ali treffen, der uns auf unserem Weg zur blauen Moschee auf der Straße abfängt. Ali repariert Nähmaschinen und lädt uns in seinen kleinen Laden ein, um dort mit ihm einen Tee zu trinken. Wir erfahren, dass er dort schon fast 12000 Touristen zum Tee eingeladen hat, in seinem Leben noch nie außerhalb des Irans gewesen sei und der Kontakt mit Touristen seine Art des Reisens repräsentiert. Ein so herzensguter Mensch, der uns mit Händen und Füßen die Gastfreundschaft im Iran in seiner ganzen Güte zeigt. Wir dürfen am Ende noch einen kleinen Eintrag in seinem Buch vornehmen und im Gegenzug schreibt er uns eine Postkarte auf Farsi- der Landessprache. Diese Geste ist etwas ganz besonderes, denn bis vor einigen Jahren konnte der ältere Herr weder lesen, noch schreiben. Diese, für uns so selbstverständliche Eigenschaft, berührt uns sehr. Die Postkarte bekommt einen ganz besonderen Ort in unserem Wohnmobil und die Begegnung wird ein kleiner Vorgeschmack auf das sein, was uns die nächsten Wochen im Iran noch erwarten wird.

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Als wir Tabriz in Richtung Kandovan, einem kleinen Felsendorf, verlassen, müssen wir zum ersten Mal tanken. Diesel ist im Iran nur für LKW Fahrer verfügbar, die eine besondere Tankkarte mit einem monatlichen Kontingent besitzen. Wir müssen an der Tankstelle also einen LKW Fahrer ansprechen und diesen um seine Karte bitten, damit wir tanken können. Ein Akt, der uns die nächsten Wochen noch begleiten wird und mal mehr, mal weniger Aufwendig ist. Am Ende bekommen wir aber fast immer in kurzer Zeit einen vollen Tank und zahlen für ca. 50 Liter ungefähr 0,35 Euro.

Kandovan beeindruckt uns nach Kappadokien nicht mehr ganz so sehr, aber trotzdem ist die Umgebung spannend. Wir spazieren ein wenig durch das Dorf und lassen uns zum Mittagessen in einem Restaurant nieder. Gegessen wird im Sitzen, ohne Schuhe auf einem traditionellen Teppich. Für uns ziemlich ungewohnt und das Kleckern bleibt leider bei unserer ersten Mahlzeit im Schneidersitz nicht ganz aus. Wir fahren mit vollen Bäuchen zum Urmia See, einem Salzsee, der einst zu den größten Seen der Erde gehörte und heute fast komplett ausgetrocknet ist. Dort, ein wenig versteckt zwischen zwei Hügeln, stehen wir zwei Tage mit Fritz, Laura und Mariano. Im Iran ist strenges Alkoholverbot und wir vermissen an unseren ersten Tagen schmerzlich ein Glas Wein oder Bier zum Abendessen. Stattdessen begnügen wir uns mit Wasser und anregenden Gesprächen. Die Gegend rund um den Salzsee ist beeindruckend und bitter zu gleich. Wir können über Stunden auf dem ausgetrockneten See spazieren, bis wir zum letzten Rest Wasser kommen und werden Zeuge eines prachtvollen Sonnenuntergangs.

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Es zieht uns in den Norden des Landes, sodass wir das kleine Örtchen Masuleh als nächstes Reiseziel anpeilen. Die vielen Kilometer schaffen wir jedoch nicht innerhalb eines Tages. Uns wird langsam bewusst, wie groß dieses prachtvolle Land ist. Wir schlafen an einem kleinen Fluss, umringt von schöner Natur und wenigen Anglern, die ab und an am Flussufer zu sehen sind.

Auf dem Weg nach Masuleh passieren wir etliche Mautstellen, die uns immerzu fröhlich begrüßen und umsonst durchfahren lassen. Wir werden in diesem Land so häufig angehupt, es wird uns ganz wild zugewunken und wir werden ständig willkommen geheißen. Der Iran ist das mit Abstand gastfreundlichste Land, welches wir bisher bereist haben.

Im Norden werden wir von einer gänzlich anderen Umgebung überrascht. Die Strecke führt zu Beginn durch karge Landschaft und ganz plötzlich hängen tiefe Wolken in den Bergen und den hohen grünen Tannen. Es sieht tatsächlich so aus, als würde man durch die Berge in Europa fahren, mit tiefgrünen Hängen und Vogelgezwitscher. Einzig die Einheimischen, die auf ihren bunten Teppichen am Wegesrand picknicken, lassen darauf schließen, dass wir uns hier in dem Land befinden, das neben dem grünen Norden auch den heißesten Ort der Erde zu verzeichnen hat. Die bunten Teppiche sind uns schon auf dem Basar in Tabriz ins Auge gestochen und erwecken in uns den Wunsch einen eigenen zu haben. Die Iraner picknicken, so werden wir es die nächsten Wochen noch erleben, häufig einfach auf den Teppichen am Wegesrand, essen ihre Speisen und rauchen Wasserpfeife.

Wir erreichen Masuleh in leichtem Nieselregen und stellen uns mit dem Wohnmobil oberhalb eines Wasserfalles. Masuleh wurde bei der UNESCO als Weltkulturerbe vorgeschlagen und das nicht ohne Grund. Das Dorf ist terrassenförmig in einen sehr steilen Hang hinein gebaut und macht es dadurch unmöglich mit dem Auto hineinzufahren. Vielmehr dienen die verschiedenen Dächer der Häuser als Wege um von einem Ort zum anderen zu gelangen. Es ist ein spektakulärer Ort, der zwar sehr touristisch, aber nicht minder charmant ist. Am Abend essen wir Mirza Ghasemi, eine typische Nordiranische Vorspeise auf Auberginenbasis, die köstlich zu Joghurt und Brot schmeckt.

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Am nächsten Tag fahren an das kaspische Meer und suchen uns nordöstlich von Rascht einen Platz für die Nacht. Die Umgebung ist vermüllt und das Meer nicht wirklich einladend. Für uns ist schnell klar, dass wir den Norden wieder verlassen werden und nicht mehr Zeit als nötig hier verbringen. Als wir nach einer erholsamen Nacht unsere Sachen zusammenpacken, entscheidet sich Fritz kurzerhand dazu das Land und damit auch unsere gemeinsame Reisezeit zu verlassen. Er wird in die Türkei zurückkehren und von da aus den Heimweg nach Deutschland antreten. Wir haben schon von einigen anderen Reisenden gehört und gelesen, die ihre Reise im Iran frühzeitig abbrechen und den Weg in andere Länder suchen.

Es ist Anfang Oktober und die landesweiten Proteste nehmen zu. Nach dem Tod der 22 jährigen Jina Mahsa Amini, die von der Sittenpolizei wegen des falschen Tragens des Kopftuches verhaftet wurde, protestieren tausende Einheimische für Frauenrechte. Das auswärtige Amt hat mehrfache Reisewarnungen ausgesprochen und warnt explizit vor willkürlichen Verhaftungen von deutschen Staatsangehörigen.

Vor der ‘Iranischen Revolution’ im Jahr 1979 waren die Frauen im Iran sehr viel freier und durften selber entscheiden, ob sie ein Kopftuch tragen wollten oder nicht. Heute bestimmt es das Gesetz. In Armenien haben wir eine Iranerin getroffen, die uns erzählte, dass das Kopftuch prinzipiell ‘das geringste Problem’ sei. Frauen dürfen ohne die Einwilligung ihres Ehemannes nicht verreisen, sie dürfen bestimmte Berufe, wie das Richteramt nicht ausüben und vor Gericht zählt die Aussage der Frau nur halb so viel, wie die des Mannes. Das Sorgerecht für Kinder bekommen Frauen nach einer Scheidung nur in den seltensten Fällen. Die Scheidung kann vom Mann jederzeit durchgeführt werden, die Frau muss hingegen Scheidungsgründe belegbar vorweisen. Der Mann hat in der Ehe außerdem das Recht auf sexuelle Verfügbarkeit der Frau und auch häusliche Gewalt ist weitestgehend erlaubt, wenn der Mann beispielsweise ‘Ungehorsam’ fürchtet. Dabei war dieses große Land vor vielen, vielen Jahrhunderten Vorreiter in so vielen Dingen. Während sich die meisten europäischen Staaten um das Jahr 1000 unserer Zeitrechnung als ‘Entwicklungsländer’ betrachten mussten, galt der Iran über Jahrhunderte hinweg als das geistige Zentrum einer überaus weltoffenen Kultur. Kenntnisse in der Medizin oder Astronomie, Instrumente, wissenschaftliche Durchbrüche oder philosophische Schriften haben ihren Ursprung oft im persischen Reich. Die Algebra und das Rechnen mit Logarithmen bezeichnen wir oft als arabische Erfindung, obwohl ihr Begründer Perser war. Zarathustra, der Religionsstifter aus dem Iran hat dem Judentum, Christentum, sowie dem Islam entscheidende Grundlagen geliefert. Der Iran war einst ein Ort des bunten Handels, der Kunst- und Kultur und vor allem der Koexistenz verschiedener Religionen und Kulturen.

Während tausende von Menschen auf den Straßen Irans also protestieren, bekommen wir vor Ort nur wenig vom Geschehen mit. Nachdem Fritz uns verlassen hat, grübeln wir ein wenig herum und entscheiden uns dann aber doch dazu zu bleiben. Wir versuchen uns noch ferner von Massenansammlungen zu halten und so vorsichtig, wie möglich zu sein. Außerdem schließen wir uns noch anderen Reisenden an, die wir schon in Armenien kennen lernen durften. Wir treffen uns alle ein paar Tage später an einem kleinen Campingplatz kurz vor Tehran. Die Strecke vom Norden des Landes bis zu dem Platz führt durch eine wunderschöne Berglandschaft, mit kurvigen Straßen und tiefen Schluchten. Ein kleiner Fluss schlängelt sich in hellem Blau durch die Felswände und die Bäume haben eine saftiggrüne Farbe. Am Abend sitzen wir zusammen und entscheiden gemeinsam ein Stück durch das Land zu reisen.

Markus und ich umfahren am nächsten Tag die Hauptstadt Tehran aus bekannten Gründen und fahren zu einer alten Karawanserei. Eine Unterkunft aus alten Zeiten entlang einer Karawanenstraße. Hier konnten Händler in früheren Zeiten mit ihren Tieren nächtigen und Handel betreiben. Viele der Karawansereien liegen entlang der Straßen in den Wüsten Irans mit einem großen Wasserspeicher, der vielen Reisenden damals das Leben rettete. Die Deyre-Gachin Karawanserei wird auch als ‘Mutter der Karawansereien’ bezeichnet und ist fast 2000 Jahre alt. Der Name rührt daher, dass sie die Bedürfnisse der Reisenden mit ihren sanitären Anlagen, einer Mühle, einem Hinterhof und einer Badeanstalt stillen konnte. Heute leben und arbeiten hier junge Freiwillige, die die Karawanserei restaurieren. Die Anlage hat einen alternativen Flair, der fast wie ein kleiner Rückzugsort der Freiheit bezeichnet werden kann. Wir genießen guten Café, schöne Unterhaltungen mit anderen Overlandern, bekommen eine Führung und dürfen die hauseigene Kunstausstellung besuchen. Der Eintritt, sowie die Kosten für das Abendessen, gleichen eher europäischen Preisen, aber wir zahlen und unterstützen den Wiederaufbau hier gerne. Am Abend schlafen wir in den alten Mauern, die ein paar Meter entfernt sind.

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Wir sind weniger begeistert, als wir am nächsten Tag merken, dass wir nun seit über 3 Wochen auf unsere Visa für Pakistan warten. Diese Wartezeit ist sehr unüblich. Nach einigem hin und her, entscheiden wir uns dazu persönlich zur pakistanischen Botschaft nach Tehran zu fahren und dort nachzufragen. Für uns ein Umweg, aber die einzige Möglichkeit, um Antworten auf unsere Fragen zu erhalten. Der Weg ist lang, stressig und der Verkehr in der Hauptstadt Irans unbeschreiblich chaotisch. Als wir nach einiger Wartezeit in der Botschaft einen Mitarbeiter persönlich sprechen können, erklärt er uns, dass alle Systeme einen Ausfall haben und er unseren Antrag nach Frankfurt weiterleiten würde. Wenige Tage später sollen wir glücklicherweise unsere Visa dann virtuell in den Händen halten. Die Fahrt hat sich also gelohnt und wir machen uns auf den Weg nach Kashan, einer Stadt im zentralen Hochland Irans.

Wir treffen die anderen Reisenden in einem Park oberhalb von Kashan wieder. Hier übernachten wir und fahren am nächsten morgen gemeinsam in die Stadt und erkunden die historischen Sehenswürdigkeiten. Es ist eine kleinere Stadt, dessen Flair uns sofort in ihren Bann zieht. Wir schlendern mit großen Augen durch das alte Badehaus der Stadt, besuchen alte Häuser von einflussreichen Teppichhändlern, essen zu Mittag auf einem Teppich in einem unterirdischen Restaurant und besuchen eine große Moschee, in der wir als Frauen erstmal einen weiten Überwurf angezogen bekommen.

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Am Abend lassen wir uns noch durch den Basar der Stadt treiben, genießen die Gerüche der Gewürzstände und beobachten das wilde Treiben von einem kleinen Brunnen in der Mitte des Basars aus. Wir sind fasziniert und erschöpft als wir uns am Ende des Tages noch ein traditionelles Brot beim Bäcker kaufen. Wir dürfen sogar über die Schulter des Bäckers in den Ofen schauen und bekommen erklärt, dass das traditionelle 'Sangak-Brot' (Sangak bedeutet im persischen Steinchen) in einem Ofen mit lauter kleiner Kieselsteinchen gebacken wird. Das Brot ist sehr flach, hat einige Risse und wird dadurch gut verdaulich. Der Bäcker schmeißt das Brot auf eine Art Netz, an dem sich die Kunden tummeln und die kleinen Steine aus dem Brot entfernen. Ein köstliches Spektakel. Das Brot kostet uns circa 4 Cent.

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Am nächsten Tag reisen wir weiter in ein bekanntes Guesthouse unter Overlandern: TakTaku in Tudeshk. Auf dem Weg halten wir für einen kurzen Spaziergang in dem Dorf Abyaneh, einem historischen Ort, der zu den ältesten des Landes gehört. Das Dorf besteht zum größten Teil aus roten Lehmziegeln und beigemischtem Stroh, wodurch das Dorf auch den Spitznamen 'rotes Dorf' trägt. Der Ort ist leider sehr touristisch und der Eintritt, um in das Dorf zu fahren auch nicht gerade günstig. Wir verweilen kurz zum Mittagessen und essen hier eines der besten Mirza-Ghasemi der Reise.

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Im Iran finden wir übrigens häufig Frischwasser am Straßenrand, welches uns das Reisen ein wenig einfacher gestaltet. Alles andere ist nämlich ein ziemlicher Aufwand. Wir müssen, wie schon beschrieben, LKW Fahrer nach Diesel fragen, Geld können wir im Land nicht abheben, also mussten wir uns vorher grob überlegen, wie viel Geld wir in Dollar Bar mitnehmen um diese dann vor Ort dann in Juweliergeschäften auf den Basaren tauschen.

Auch die Google Maps Satellitenansicht ist hilfreich, um schöne Plätze in der Natur zu finden. Mit dieser Funktion kannst du dir aus der Vogelperspektive die Umgebung genauer ansehen und geeignete Stellplätze ausfindig machen. Das Internet ist zur Zeit so gedrosselt, dass es teilweise tagelang nicht funktioniert und damit auch unsere Navigation erschwert und jeden Abend nach einem einigermaßen sicheren Schlafplatz zu suchen, macht auch ein bisschen müde. Trotzdem genießen wir die freundlichen Menschen, das ständige Zuwinken, die ungläubigen Augen, die vielen Führungen, die wir im Wohnmobil völlig Fremden geben, die häufigen Einladungen zum Tee, die bildschöne Landschaft und die vielen, vielen Selfies. Wir können gar nicht sagen auf wie vielen Handys mittlerweile Bilder von uns sein müssen.

Ich bin auf der Fahrt zum Guesthouse so beseelt, dass mir mit der untergehenden Sonne die Tränen in die Augen steigen. Ich weine bitterlich aus Dankbarkeit, für mein Glück, für mein willkürliches Glück in dem Land geboren worden zu sein, in dem ich geboren wurde und ich weine bitterlich für alle anderen, die das Glück nicht haben und jeden Tag in Angst und Schrecken leben. Wie oft beschweren wir uns doch über Deutschland, über all' das, was uns so nervt und wie wenig dankbar sind wir, für den Frieden in dem wir aufwachsen und die Möglichkeiten unseres Reisepasses. Die emotionale Achterbahn schüttelt mich durch als wir am frühen Abend vor den Toren des TakTaku parken.

Mohammad, der Inhaber, begrüßt uns freundlich und wir betreten mit dem Taktaku ein kleines Paradies entlang der berühmten, alten Seidenstraßen. Das Guesthouse ist liebevoll eingerichtet, sehr sauber, gemütlich und einladend. Aus den geplanten 2 Nächten, verbringen wir hier 9 Nächte, in denen wir zur Ruhe kommen, die Eindrücke verarbeiten, viel mit anderen Reisenden quatschen, ständig Tee trinken, den Geschichten von Mohammad lauschen und am Abend das köstliche Essen seiner Mama genießen. Wir lachen viel und saugen jeden Augenblick auf. Uns wird mit dem Auto geholfen, wir können Öl wechseln, die Bremsen und Lichter neu einstellen, Wäsche waschen und neue Energie tanken. Wir bekommen eine kleine Führung durch das Dorf und uns werden allerhand kleine Anekdoten nahe gebracht. Vor den Türen der traditionell iranischen Häuser findet man beispielsweise häufig zwei kleine Mauern, die zum Hinsetzen und unterhalten dienen und auch dafür genutzt werden, um auf das Kamel zu steigen.

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Wir unterbrechen unseren Aufenthalt im TakTaku für 2 Tage in Isfahan, eine Stadt, die von vielen anderen Reisenden hoch angepriesen wurde. Isfahan wurde zur Zeit der Safawiden zur Hauptstadt und durch zahlreiche Grünanlagen und Prachtbauten verschönert. Am Naqsh-e Dschahan, einem Platz der umringt von doppelstöckigen Arkaden ist, lassen wir uns in die alte Zeiten entführen. Er ist über 500 Meter lang, wird durch ein großes Wasserbecken in der Mitte geteilt und gehört zum UNESCO Weltkulturerbe. Wir laufen über den Basar und besuchen die Freitagsmoschee und Sheikh Lotfollah Moschee, die zu den schönsten Moscheen der Welt gehört. Wenn die Sonne hier zur Dämmerung einfällt, bildet sich im inneren der Kuppel ein Schatten, der einen Pfau darstellt. Es glitzert, glänzt und verschlägt uns die Sprache. Die Stadt ist wirklich ein Besuch wert. Wir essen gemütlich in einem kleinen Restaurant und schauen uns das wuselige Treiben aus der Ferne weiter an. Leider bleibt uns nicht viel mehr Zeit in dieser prachtvollen Stadt, denn bei der Fahrt hierher haben wir bemerkt, dass unsere Wasserpumpe nicht mehr richtig funktioniert und irgendwo ein Leck haben muss. Wir entschließen uns also dazu am nächsten Tag zum TakTaku zurück zu fahren, um dort unsere Wasserpumpe auszutauschen.

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Die Wasserpumpe wird in mühseliger Kleinarbeit von Markus, Mohammad und Hauke getauscht und wir entschließen uns dazu unsere nie genutzten Fahrräder hier zu verkaufen. Die Idee mit Fahrrädern in diesen Ländern zu reisen war irgendwie von Anfang an nicht so richtig durchdacht, aber aus den Fehlern lernt man wohl auch. Zusätzlich lassen wir uns für den neu gewonnen Platz eine Kiste maßanfertigen, in der wir unsere Outdoor Möbel verstauen.

Während unseres zweiten Besuches im Taktaku unternehmen wir gemeinsam mit den anderen Reisenden einen Ausflug in die Dasht-e Kavir Wüste. Die unendliche Weite der Sanddünen und das stille Nichts lässt mich abermals spüren wie weit weg wir von Zuhause sind. Hier leben übrigens giftige Skorpione. Wir toben durch den Sand wie kleine sorglose Kinder, setzen uns ans Lagerfeuer und trinken Tee. Dass wir mit unserem Fahrzeug bis zu einer Wüste gefahren sind begreife ich noch nicht so richtig. Es ist alles so unwirklich.

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Nachdem wir uns ein zweites Mal vom Taktaku verabschieden, steuern wir langsam unser nächstes Ziel in diesem großen Land an: Yazd. Die Stadt ist heutzutage Zentrum der zoroastrischen Religion und soll bei ihrer Gründung an einer kleinen Oase gelegen haben. Wir parken auf dem Parkplatz eines kleinen Hotels, auf dem wir umsonst stehen dürfen und sind unmittelbar verliebt in die kleine Altstadt, in der man sich in den zahlreichen Gängen leicht verirren kann. Man fühlt sich beim Durchlaufen fast eingehüllt in den Lehm, dem die Stadt den Titel des Weltkulturerbes zu verdanken hat. Es ist viel ruhiger, als die Städte, die wir zuvor besucht haben. Wir besuchen das Wassermuseum, den zoroastrischen Feuertempel, Moscheen und verlieren uns in den kleinen Gassen, an denen sich winzige Shops reihen. Guten Kaffee und Kuchen bekommen wir in einem kleinen Café, dem Yazd Art House Café, oberhalb der Stadt, das neben Köstlichkeiten eine unglaubliche Aussicht über die Stadt bietet. Hier könnten wir endlos Zeit verbringen. Yazd, mit seinem alternativen Flair, der Ruhe und der Historie, ist mit Abstand unsere Lieblingsstadt im Iran.

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Als wir uns dann doch irgendwann von Yazd trennen und unseren Weg nach Persepolis einschlagen, treffen wir zufällig Laura und Mariano auf der Straße wieder, die wir das letzte Mal vor Wochen am Salzsee gesehen haben. Die Welt ist doch so winzig und groß zugleich. Wir wollen ein paar Tage zusammen verbringen und genießen einen schönen Abend auf halber Strecke nach Persepolis auf einem kleinen Hügel etwas abseits der Straße. Wir unterhalten uns lange, tauschen uns aus und naschen an frischen Granatapfelkernen und Toffees. Es ist beruhigend und schön, wenn man sich mit anderen Reisenden unterhalten kann und merkt, dass das Bauchgefühl die gleiche Sprache spricht. Sind wir doch alle von der unbändigen Gastfreundschaft und Selbstlosigkeit der Einheimischen überwältigt. Wir könnten Minuten damit füllen uns gegenseitig zu erzählen, was wir von Einheimischen geschenkt bekommen haben, wie oft wir eingeladen wurden, wie oft uns das Bezahlen ausgeschlagen wurde und wie viel ehrliches Interesse die Menschen hier an uns haben.

Auf dem Weg nach Persepolis regnet es das erste Mal seit Wochen wie aus Eimern. Die Iraner scheinen das Wetter hier nicht gewohnt zu sein und wir sehen haufenweise Unfälle am Straßenrand. Mit Laura und Mariano treffen wir uns kurz vor den Ruinen Persepolis wieder und stehen gemeinsam auf einer kleinen Matschfläche vor einer kleinen Gartenlaube. Just in dem Moment bekommen wir eine Mitteilung des auswärtigen Amtes mit der sofortigen Reiseaufforderung für deutsche Staatsbürger, die sich im Iran befinden. Mehr noch: Reisende mit Campern sollen ihr Fahrzeug stehen lassen und aus Tehran mit dem Flugzeug ausreisen. Wir sind geschockt, wissen nicht was wir machen sollen und sind heilfroh, dass wir an diesem Abend nicht alleine mit der quälenden Entscheidung des weiteren Reiseverlaufes sind. Dass hier noch richtige Magie stattfinden wird, können wir an diesem verhangenen Tag noch nicht erahnen.

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Als wir uns am nächsten Tag mit wesentlich besserem Wetter gerade für den Spaziergang zu den Ruinen fertig machen, spricht uns ein Einheimischer an. Wir verstehen leider kein Wort von dem, was er sagt, da er kein Englisch sprechen kann. Mit Google Translate verstehen wir dann, dass er uns zu sich nach Hause einladen möchte. Nach den Wochen, die wir nun schon im Iran verbracht haben, haben wir auch gelernt, dass hier der ‘Taroof’ eine wichtige Rolle spielt. Der Taroof ist ein besonderer Höflichkeitsritus, der uns schon das ein oder andere Fettnäpfchen beschert hat. Nach einer Einladung sollte man, auch als Tourist, mindestens zwei Mal dankend ablehnen. Besteht das Gegenüber dann immer noch auf die Einladung, sollte man dann auch annehmen. Die direkte Annahme gilt als unhöflich, das Ausschlagen nach dem zweiten Bestehen der Einladung aber auch. Ein ganz schön kompliziertes Tänzchen, was man da führt- vor allem für uns Deutsche, die direkten Umgang gewohnt sind. Wir lehnen also zwei Mal höflich ab, er besteht aber trotzdem auf die Einladung. Daraufhin erklären wir, dass wir nun erstmal zu den Ruinen laufen und eventuell später dann vorbei kämen. Mit dem Ergebnis zufrieden trennen sich unsere Wege also vorerst.

An den Ruinen angekommen leihen wir uns zu viert eine 3D Brille aus, die beim Blick auf die steinigen Überreste der prunkvollen Zeit, ein Bild von damals projiziert. Es ist eine interessante Reise in die Zeit als Persepolis 520 v. Chr. von Dareios I. gegründet und damit zur altpersischen Residenzstadt wurde. Die Palaststadt wurde fast 200 Jahre später von Alexander dem Großen zerstört. Die Überreste können aber heute noch besichtigt werden, da der Großteil bei der Zerstörung unter Wüstensand bedeckt und damit konserviert wurde. Wir versuchen uns zwischen den alten Mauern die Zeit vorzustellen, wie sie wohl gewesen sein mag, wie die Menschen hier lebten, welche Sorgen und Freuden sie hatten. Im altpersischen heißt Persepolis übrigens Parsa und ich wundere mich noch lange nach unserem Besuch, wieso der griechische Name ‘Persepolis’, also in der Sprache desjenigen, der die Stadt zerstörte, offiziell ist. Es ist ein schöner Vormittag, der für uns mit einem Eis auf dem Weg zurück zu unseren Fahrzeugen endet.

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Kurz darauf werden wir wieder von dem Einheimischen besucht, der uns am Morgen zu sich nach Hause einlud und nun seine Frau, seine Schwester und seine Nicht mit dabei hat, um uns vollends davon zu überzeugen, ihn Zuhause zu besuchen. Wir können nicht anders und folgen der Einladung in das benachbarte Dorf. Im Haus werden wir von ihm, seiner Frau, der Mutter, dem Vater, Tanten, Onkel, Cousinen, Cousins und Nichten mit offenen Armen empfangen, mit Fragen gelöchert und üppig bekocht. Die Unterhaltung findet auf gebrochenem Englisch, mit Händen- und Füßen, viel Lachen und Gestikulieren statt. Alle von uns dürfen die heiße Dusche benutzen und am Ende des Abends werden wir auch noch mit auf eine Geburtstagsfeier genommen auf der wir noch mehr Menschen kennen lernen und mit Kuchen ausgestattet werden. Der Abend ist ein einziger Traum und der Inbegriff der iranischen Gastfreundschaft. Noch nie haben wir so etwas vorher erlebt.

Zum Übernachten fahren wir in den Garten der Schwester, die uns am Morgen danach noch ein leckeres Frühstück zubereitet und uns gar nicht gehen lassen will. Geld will von uns hier niemand sehen, im Gegenteil- es ist fast beleidigend, wenn man versucht hier für die Gastfreundschaft etwas zurückzugeben. Wie rein die Herzen der Menschen hier doch sind. Es ist unglaublich. Als wir den Ort verlassen, habe ich dicke Krokodilstränen in den Augen und frage mich wie schnell einem doch fremde Menschen ans Herz wachsen können. Und immer noch schwebt die Aussage des auswärtigen Amtes in unseren Hinterköpfen.

Shiraz ist eine Stadt, die nahe Persepolis liegt und mit ihrer rosa Moschee viele Besucher anlockt. Ursprünglich hatten wir geplant Shiraz nach Persepolis zu besuchen, entscheiden uns aber gegen eine weitere Großstadt. Unser Besuch würde auf einen Samstag fallen, dem Tag, an dem die Proteste jede Woche am stärksten sind. Außerdem müssen wir ehrlich gesagt nicht noch eine Moschee sehen, auch wenn diese rosa sein mag.

Wir fahren also an diesem Tag viele Stunden nach Maymand, einem kleinen Felsendorf, an dem wir spät am Abend ankommen. Unsere Berta stellen wir etwas versteckt zwischen Wüstensand und wenigen kargen Bäumen ab und werden Zeuge des schönsten Sonnenunterganges der gesamten Reise. Hier ist es so still, wie wir es lange nicht mehr erlebt haben.

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Maymand besuchen wir am nächsten Morgen, bevor wir uns weiter auf die Reise nach Kerman machen. Unsere Visa laufen bald aus, sodass wir diese nun verlängern müssen. Vielleicht ist es Leichtsinn, vielleicht Vertrauen in unser Bauchgefühl, vielleicht eine Kombination aus allem. Wir möchten noch nicht weiter fahren, wir wollen noch ein kleines bisschen der iranischen Magie aufsaugen. In Kerman stehen wir mehrere Tage auf einem Hinterhof eines Hotels und dürfen dort für wenig Geld die Duschen mitbenutzen. Nachdem wir erfolgreich und ziemlich problemlos unsere Visa verlängern konnten, entscheiden wir uns dazu, uns einen zweiten Dieseltank einbauen zu lassen. Wir finden eine off-road Garage, die uns tatsächlich einen zweiten Dieseltank einbaut und uns eine Klappe im hinteren Teil des Fahrzeuges einbaut, hinter der sich irgendwie die ganze Zeit ein ungenutzter Hohlraum befand. Zusätzlich haben wir am hinteren Teil des Fahrzeuges ein dumpfes Geräusch gehört, von dem wir vermuten, dass es ein kaputtes Radlager ist. Ein Ersatzteil zu bekommen ist eine totale Farçe, sodass wir über eine Woche auf ein passendes warten und dieses dann einbauen lassen können. Der Besitzer der Garage lädt uns am Wochenende zu einem Ausflug in die Berge ein, welche ein paar Kilometer außerhalb von Kerman liegen. Er holt uns mit seinem 4×4 ab und verbringt mit uns einen wunderschönen Tag mit Lagerfeuer, Musik, anderen Freunden und extrem leckerem Essen. Wieder einmal wurden wir eingeladen, wieder einmal ohne etwas dafür annehmen zu wollen und wieder einmal sind unsere Herzen voller Rührseligkeit.

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Unser letzter großer Halt vor Pakistan führt uns dann an den heißesten Ort der Welt: die Wüste Lut. Hier wurden schon Temperaturen von 78,2 Grad Celsius gemessen. Bis heute wurden hier noch keine Spuren früheren menschlichen Lebens gefunden. Die Umgebung ist lebensfeindlich. Die Lut gehört zum UNESCO Weltnaturerbe und hat zum Zeitpunkt unseres Besuches glücklicherweise nur noch um die 30 Grad Celsius. Wir finden einen geeigneten Schlafplatz in den Kaluts, den beeindruckenden Felsformationen, die uns das Gefühl geben, als würden wir uns auf einer Art Marslandschaft bewegen. Meilenweites Nichts und unendliche Stille. Da es hier keinen Handyempfang gibt, versuchen wir mit Markus Pfadfinderbuch den Sternenhimmel zu erkunden und die verschiedenen Sternbilder zu deuten. Wir entdecken unzählige Sternschnuppen und einen Mond so groß, wie wir es vorher nie gesehen haben. Laura und Mariano stehen ganz in unserer Nähe, wodurch wir am nächsten Tag ein Lagerfeuer zusammen machen und einen schmackhaften Abend zwischen Sternen, Grillgemüse und Feuerkartoffeln erleben.

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Von den Kaluts aus fahren wir mehrere Stunden in eine kleine Oase: Keshīt. Es ist eine beeindruckende Anfahrt, denn nachdem wir gefühlt endlos lange durch nichts als Sand und Steine fahren, erstreckt sich plötzlich ein kleines Dorf vor uns mit Palmen gesäumten Wegesrändern und einem Fluss, der sich durch das Tal zieht. Wir sind völlig überrascht von der malerischen Kulisse, die wir hier vor Augen haben.

Es ist Wochenende im Iran und viele Familien sind hier zum Grillen und Wasserpfeife rauchen. Als wir uns kurzzeitig verfahren, ist das Erlebnis alles andere als vergnügt, denn hier beschmeißen uns plötzlich Kinder mit Steinen. Unsere erste negative Erfahrung im Iran und eine, die so überall auf der Welt hätte passieren können. Zusätzlich geht es mir von Stunde zu Stunde immer schlechter und die kleine Erkältung, die ich die letzten Tage vor mir hergeschoben habe, erreicht langsam ihren Höhepunkt mit leichtem Fieber. Auch wenn es hier paradiesisch schön ist, sind wir einfach zum falschen Zeitpunkt hier. Wir verlassen das wunderschöne Keshīt also schon nach wenigen Stunden und nehmen weitere 4 Stunden Fahrt bis nach Bam in Kauf, wo wir uns an eine Zitadelle stellen. Diese besuchen wir am nächsten Tag kurz, ich muss mir jedoch eingestehen, dass ich körperlich viel zu schwach bin, um lange herumzulaufen. Für uns geht es also weiter nach Zahedan, dem letzten Ort vor der pakistanischen Grenze und damit in die Grenzregion Belutschistan. Auf dem Weg sehen wir endlich ein Kamel am Wegesrand und fühlen uns mit diesem flüchtigen Anblick nun bereit den Iran nach 53 Tagen zu verlassen.

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An der letzten Tankstelle, die wir im Iran anfahren, bekommen wir einen vollen Tank Diesel geschenkt und sehen das erste Mal mehrere Kinder, die versuchen Socken und andere Dinge zu verkaufen. In Zahedan übernachten wir bei einem privaten Kontakt, der zwar sehr nett ist, uns Essen kocht, obwohl wir mehrfach abgelehnt haben, der aber auch erstmal seine Kalaschnikov aus dem Zimmer räumen muss, als wir uns zum Tee setzen. Willkommen in Belutschistan. Zu guter Letzt, setzt sich der 10-jährige Sohn ans Steuer des Autos und fährt seine Cousinen nach Hause. Wir sind verwirrt. Und ich bin immer noch ziemlich krank. Es ist Zeit für uns zu gehen, das merken wir mit allen Sinnen.

Wie verlässt man nun aber ein Land, von dem wir so wenig Vorahnung hatten und in das wir uns so Hals über Kopf verliebt haben? Wie verlässt man die Menschen, die wir hier so tief in unsere Herzen geschlossen und nicht mehr her geben wollen? Wie verlässt man ein Land, das uns dauerhaft ein liebevolles Zuhause gegeben hat? Das uns gefüttert, gewärmt und zu besseren Menschen hat werden lassen? Mein Herz brennt für die Menschen hier, für die Frauen, die wir an der einen Tankstelle getroffen haben, die uns stolz erzählt haben, dass sie Kung Fu können, es brennt für die erste Iranerin, die ich in Armenien getroffen habe, für den Mann, der uns im Norden mit Nüssen beschenkt hat, für Ali, für die Familie in Parsa, für Mohammad, für den Jungen mit den stolpernden Füßen, für die Menschen in der Karawanserei, für das Mädchen in Maymand, für all diejenigen, dessen Namen ich aus Schutz nicht nenne, für all’ diese reinen Seelen, die mich immer begleiten werden.

Eure Landschaft mag beeindruckend sein, aber eure Menschen haben mein Leben verändert. Auf dass sich eures auch bald ändert.

Danke."

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